Verbandspolitik
Offener Brief an die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder zur Inflationsausgleichs-Sonderzahlung
11.12.2023: Inflationsausgleich für Berufsbetreuer
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,
der Bundesverband freier Berufsbetreuer vertritt die Interessen der freiberuflich tätigen Betreuer. Das sind ca. 82 % der in Deutschland tätigen Betreuer. Ungefähr 17 % der Berufsbetreuer arbeiten als Angestellte bei einem Betreuungsverein. Ein verschwindend geringer Teil von Betreuungen wird von Behördenbetreuern geführt.
Am 17. November hat der Bundestag einstimmig eine Inflationsausgleichs-Sonderzahlung für Berufsbetreuer beschlossen. In der Aussprache bestand zwischen den Fraktionen Einigkeit darüber, dass der Inflationsausgleich dringend erforderlich und lediglich ein erster Schritt hin zu einer angemessenen Vergütung ist, um die inflationsbedingten Mehrkosten wenigstens teilweise aufzufangen. Letzteres war bereits zuvor bei der Anhörung im Rechtsausschuss von sämtlichen Sachverständigen erläutert worden.
Die Finanzierung des Inflationsausgleichs ist durch eine Erhöhung der Gerichtsgebühren gesichert, so dass den Ländern unter dem Strich keine Kosten entstehen. Dennoch konnte sich weder der Rechtsausschuss noch der Finanzausschuss durchringen, dem Bundesrat eine Zustimmung zum Gesetz zur Regelung einer Inflations-Ausgleichs-Sonderzahlung zu empfehlen. Das ist unvernünftig, denn
Zustimmen ist preiswerter als abwarten!
Sollte eine Zustimmung des Bundesrates unterbleiben, wird die Behördenbetreuung wiederbelebt, die von sämtlichen Fachleuten nicht gewollt ist und mit erheblichen Kostensteigerungen verbunden wäre. Denn für die neu zu schaffenden Stellen wären Arbeitsplätze einzurichten und für die Mitarbeiter hohe Sozialversicherungsbeiträge abzuführen; Kosten, die von selbständigen Betreuern seit über 30 Jahren selbst getragen und vom Staat nicht angemessen gegenfinanziert werden. Hochqualifizierte Berufsbetreuer – namentlich Sozialarbeiter, Juristen und Sozialpädagogen – werden sich aus dem Beruf zurückziehen. Potentielle Neueinsteiger werden sich angesichts des entspannten Arbeitsparktes für finanziell attraktivere Berufsangebote entscheiden. Diese Entwicklung zeichnet sich nicht nur ab; sie hat bereits begonnen und ist unverzüglich zu stoppen.
Denn die Behördenbetreuung ist nicht nur teurer; sie ist vor allem auch nicht besser.
Durch die Reform des Betreuungsrechts ist vor allem das Selbstbestimmungsrecht der Betreuten gestärkt worden. Der persönliche Kontakt zwischen Betreuern und Betreuten ist zukünftig zu intensivieren, um den Betreuten bei der Betreuungsführung mehr Mitsprache zu ermöglichen. Dieses zentrale Ziel ist in Gefahr, wenn die Behördenbetreuung reaktiviert würde. Denn es ist nicht vorstellbar, dass über 1 Mio. betreute Menschen in Deutschland regelmäßig von Behördenmitarbeitern aufgesucht und unterstützt werden.
Der Bundesverband freier Berufsbetreuer appelliert daher an die Vernunft und Autonomie der Mitglieder des Bundesrates und empfiehlt dringend, dem bereits im Bundestag beschlossenen Gesetz zur Regelung einer Inflationsausgleichs-Sonderzahlung für Berufsbetreuer zuzustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Klitschka
1. Vorsitzender
Offener Brief an den Bundesgesundheitsminister Herrn Prof. Dr. Karl Lauterbach, Bundesministerium für Gesundheit zum § 20 a IfSG: Impf- und Nachweispflicht für Berufsbetreuer
Offener Brief an den Bundesgesundheitsminister Herrn Prof. Dr. Karl Lauterbach, Bundesministerium für Gesundheit zum § 20 a IfSG: Impf- und Nachweispflicht für Berufsbetreuer
Sehr geehrter Herr Minister,
der Bundesverband freier Berufsbetreuer (BVfB) vertritt die Interessen selbständig tätiger Berufsbetreuer. In Deutschland sind ca. 16.000 Personen als Berufsbetreuer tätig, von denen nach einer Schätzung des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik über 80% freiberuflich tätig sind.
In den vom Bundesgesundheitsministerium am 28.12.2021 veröffentlichten Fragen und Antworten zur Impfprävention in Bezug auf einrichtungsbezogene Tätigkeiten wird die Rechtsansicht vertreten, dass rechtliche Betreuer gegenüber den entsprechenden Einrichtungen einen Immunitätsnachweis vorzulegen haben. Dieser Auffassung hatten wir bereits in unserer ausführlichen Stellungnahme vom 12.01.2022 widersprochen, die wir Ihnen auf diesem Wege nochmals zukommen lassen möchten.
Nach unserem Kenntnisstand haben sich inzwischen sowohl das Bundesministerium der Justiz als auch weitere Verbände unserer Argumentation angeschlossen. Dies haben wir zum Anlass genommen, sämtliche Betreuungsbehörden über unsere abweichende Rechtsauffassung zu informieren.
Angesichts der ungeklärten Rechtslage ist eine erhebliche Verunsicherung bei unseren Mitgliedern eingetreten. Insbesondere ist ungeklärt, ob, gegenüber wem und gegebenenfalls wann (bei einem Besuch oder grundsätzlich) rechtliche Betreuer bis zum 15.03.2022 einen Immunitätsnachweis vorlegen müssen, wenn sie in entsprechenden Einrichtungen tätig werden wollen. Weiterhin Unklarheit herrscht darüber, wie Betreuungsrichter, Gutachter, Rechtspfleger, Verfahrenspfleger behandelt werden.
Einige Betreuungsbehörden sind nach unserem Kenntnisstand dazu übergegangen, sich nach dem Impfstatus rechtlicher Betreuer zu erkundigen und ungeimpfte Be-treuer den Gerichten nicht mehr vorzuschlagen. Dies entspräche einer nicht zu rechtfertigenden Beschränkung der Berufsfreiheit und wäre - in dieser pauschalen Form - vollkommen inakzeptabel.
Wir möchten Sie daher eindringlich bitten, zur Klärung der Rechtslage beizutragen und die vom Bundesgesundheitsministerium vertretene Auffassung zu überdenken.
Rechtliche Betreuer müssen trotz der aktuell schwierigen Situation den persönlichen Kontakt mit den von ihnen betreuten Menschen halten. Eine Pflicht, bis zum 15.03.2022 einen Immunitätsnachweis gegenüber den Einrichtungen zu erbringen, in denen sich betreute Personen aufhalten, wäre ein unnötiger bürokratischer Aufwand, der - wenn man den Gesetzgeber beim Wort nimmt - ab dem 16.03.2022 dazu führen müsste, dass gegen zahlreiche Leiter von Einrichtungen und rechtliche Betreuer Bußgeldverfahren eingeleitet werden müssten. Den besonders schutzbedürftigen Personengruppen wäre dadurch nicht geholfen.
Wir gehen davon aus, dass rechtliche Betreuer grundsätzlich eigenverantwortlich darüber entscheiden können, wann ein persönlicher Kontakt mit den von ihnen betreuten Menschen erforderlich ist und welche Schutzmaßnahmen einzuhalten sind. Sollten durch einen Besuch eines Betreuers oder einer Betreuerin konkrete Gesundheitsgefahren für die Bewohner einer Einrichtung bestehen, hielten wir es auch nach geltendem Recht in begründeten Ausnahmefällen für zulässig, das Recht zum Betreten der Einrichtung einzuschränken. Hierfür bedarf es keiner Impf- und Nachweispflicht. Eine Pflicht zur FFP2 Maske dürfte ausreichend sein.
Ich möchte ergänzen, dass wir als Berufsverband unseren Mitgliedern eine komplette Impfung empfehlen. siehe: BVfB Stellungnahme vom 12.01.2022 zu § 20 a IfSG
Walter Klitschka
1. Vorsitzender
Offener Brief an die Deutsche Stiftung Patientenschutz: Wer entscheidet über die Impfung Betreuter?
Offener Brief an die Deutsche Stiftung Patientenschutz: Wer entscheidet über die Impfung Betreuter?
wir haben der Presse entnommen, dass Sie eine Debatte über den Umgang mit Corona-Impfentscheidungen von Menschen fordern, für die eine rechtliche Betreuung angeordnet worden ist.
Der Bundesverband freier Berufsbetreuer (BVfB) vertritt die Interessen selbständig tätiger Berufsbetreuer und möchte sich an dieser Diskussion beteiligen:
Ihre Auffassung, der Wille der Patienten sei durch die Betreuungsgerichte zu klären, wenn rechtliche Betreuer oder Bevollmächtigte eine Impfung untersagen, halten wir für grundsätzlich verfehlt. Es gehört zu den Kernaufgaben rechtlicher Betreuer, Wunsch und Wille der betreuten Person in Erfahrung zu bringen und deren Entscheidungen umzusetzen. Verweigert die betreute Person eine Impfung und ist sie - wie zahlreiche Betreute - einwilligungsfähig, sind die Möglichkeiten rechtlicher Betreuer darauf beschränkt, über die Folgen der Entscheidung aufzuklären und über die Vor- und Nachteile einer Impfung zu informieren. Weitergehende Möglichkeiten stehen auch Ärzten und Richtern nicht zur Verfügung.
Sind betreute Personen einwilligungsunfähig; geht es ebenfalls darum, den Willen dieser Person in Erfahrung zu bringen und umzusetzen. Rechtliche Betreuer, die in dieser Situation ihre persönliche Auffassung zur Entscheidungsgrundlage machen, begehen eine Pflichtverletzung, über die - beispielsweise ein Pflegeheim - das Betreuungsgericht unterrichten könnte, soweit ihm dies bekannt wird.
Äußerst missverständlich erscheint uns ihr Hinweis auf eine „gelebte Praxis“, nach der bei Meinungsverschiedenheiten zwischen rechtlichen Betreuern und Ärzten die Betreuungsgerichte angerufen werden können, die innerhalb von 24 Stunden eine Entscheidung träfen. Dem BVfB ist von dieser Praxis nichts bekannt. Sollte sich Ihre Äußerung auf die gerichtliche Genehmigung von Zwangsbehandlungen beziehen, möchten wir mit Nachdruck darauf hinweisen, dass wir selbst für den Fall, dass der Gesetzgeber eine Impfpflicht einführen sollte, davon ausgehen, dass diese nach geltendem Recht keineswegs zwangsweise durchgesetzt werden könnte. Wir hielten dies auch ethisch für derzeit nicht vertretbar.
Sollten Sie hingegen auf die Möglichkeit der Betreuungsgerichte anspielen wollen, in dringenden Fällen einstweilige Maßnahmen anordnen zu können, weisen wir darauf hin, dass hierdurch nicht die fehlende Einwilligung eines Betreuers oder einer Betreuerin ersetzt werden kann. Insbesondere Meinungsverschiedenheiten zwischen Gerichten, Ärzten und Betreuern haben nicht zur Folge, dass Betreuungsgerichte gegen den Willen der Betreuten bzw. des Betreuers entscheiden können.
Wir wären Ihnen angesichts der bei unseren Mitgliedern aufgetretenen Irritationen für eine Klarstellung und Präzisierung Ihrer Äußerungen dankbar.
Die Vorfälle in einem Pflegeheim in Rudolstadt, die zum Tod von 28 Bewohnern geführt haben, die größtenteils nicht gegen das Corona Virus geimpft waren, sind uns nicht vollumfänglich bekannt und bedürfen sicher der weiteren Aufklärung. Der Gedanke, dass ehrenamtliche und berufliche Betreuer oder Bevollmächtigte Impfungen pflegebedürftiger Menschen verhindert haben, um dadurch ihre persönliche, ablehnende Haltung gegenüber Impfungen durchzusetzen, ist verstörend. Wir halten es aber für den klügeren Weg, für eine angemessen Ausbildung von Berufsbetreuern zu sorgen und dadurch den Blick für die Achtung des Selbstbestimmungsrechtes aller - auch der betreuten - Patienten zu schärfen, anstatt die ohnehin überlastete Justiz mit Anträgen über Impfentscheidungen zu überhäufen. Mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts ist der Gesetzgeber einen ersten Schritt in diese Richtung gegangen. Wir befürchten allerdings, dass der Irrglaube, Entscheidungen gegen den Willen pflege- und hilfsbedürftiger Menschen treffen zu dürfen, bei Angehörigen und Vorsorgebevollmächtigten deutlich verbreiteter ist als bei Berufsbetreuern. Über dieses Problem sollte in der Tat eine breite Debatte geführt werden.
Walter Klitschka
1. Vorsitzender
Interview über aktuelle Entwicklungen im Bereich des Betreuungswesens
Interview über aktuelle Entwicklungen im Bereich des Betreuungswesens
Betreuungsvermeidende Hilfen sind keine Beschäftigungsalternative für Berufsbetreuer
Betreuungsvermeidende Hilfen sind keine Beschäftigungsalternative für Berufsbetreuer
BVfB: Große Mehrheit der Betroffenen braucht Betreuer mit Vertretungsbefugnis
Der Bundesverband freier Berufsbetreuer e.V. hat in einem Grundsatzpapier zum Verhältnis von „Rechtlicher Betreuung und betreuungsvermeidenden Hilfen“ Stellung genommen und setzt sich auseinander mit Positionen, die in der Behindertenhilfe und vom Bundesverband der Berufsbetreuer e.V. vertreten werden. Darin heißt es u.a.:
„Rechtliche Betreuer müssen über eine permanente Stellvertreterbefugnis verfügen.
Dies ist das Alleinstellungsmerkmal der Betreuung, das sie von allen anderen Formen persönlicher Beratungs- und Unterstützungsdienste unterscheidet. Berufsbetreuer müssen bewerten können, in welcher Situation rechtliche Vertretung notwendig wird, weil Beratung und Unterstützung nicht mehr ausreichen. Anders als rechtliche Assistenten, Bezugsbetreuer der Eingliederungshilfe und anderen Helfer und Berater von Menschen mit Behinderungen haften Betreuer für alle Schäden an Rechtsgütern der Betroffenen, die ihre Handlungen oder Unterlassungen verursachen, mit ihrer beruflichen Existenz.
Der größte Teil der heute betreuten Menschen benötigt wegen überwiegend fehlender Entscheidungsfähigkeit auch weiterhin den Schutz durch eine Person, die neben der Aufgabe der Beratung und Unterstützung die ständige Stellvertretungs- und Bestimmungsbefugnis hat. Für lediglich 10 - 15 % der heute betreuten Menschen wäre keine Vertretungsbefugnis erforderlich. Für diese müssen zügig ein Rechtsanspruch auf rechtliche Assistenz in das Sozialgesetzbuch aufgenommen und ein System der Leistungserbringung aufgebaut werden.
Rechtliche Assistenz ohne Vertretungsbefugnis kommt lediglich für Menschen in Betracht mit leichten geistigen Behinderungen und mit psychischen Erkrankungen, deren Realitätsbezug nur gering gestört ist und die kooperationsfähig sind. Rechtliche Assistenz kann nur eine Ergänzung, kein weitgehender Ersatz von Betreuung sein und wird keine flächendeckende Beschäftigungsalternative für Berufsbetreuer darstellen.
Rechtliche Betreuung muss wegen der UN-Behindertenrechtskonvention nicht durch „Unterstützte Entscheidungsfindung“ ersetzt werden. „Andere Hilfen“ wie aufsuchende soziale Dienste der Sozialämter, gemeinsame Servicestellen der Rehabilitationsträger und Pflegestützpunkte existieren entweder nicht oder Betroffene können sie nicht abrufen.
Eine nur auf den konflikthaften Einzelfall bezogene gerichtliche Mandatierung dient nicht dem Wohl der Betroffenen. Die Mehrheit der notwendigen Vertretungshandlungen ist unaufschiebbar, weil der Betroffene sofort Hilfe in Form rechtlicher Vertretungs- und Bestimmungshandlungen benötigt.
Beauftragung und Überwachung sozialer Dienste durch rechtliche Betreuer einerseits und tatsächliche soziale Dienstleistungserbringung müssen personell getrennt bleiben, um die Rechte der Betroffenen zu gewährleisten. Es gibt kein Bedürfnis dafür, dass Betreuer für ihre Klienten soziale Dienste selbst erbringen, auch nicht als Budgetassistenten.“
BVfB - Rechtliche Betreuung und betreuungsvermeidende Hilfen
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