15.- 16. November 2024
Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen am ersten Tag die Alleinstellungsmerkmale der Berufsbetreuung, nämlich die Vermeidung bzw. - im Ausnahmefall - die Anordnung freiheitsentziehender Maßnahmen und die Befugnis zur Stellvertretung.
Nach dem Grußwort von Annette Schnellenbach (Referatsleiterin für das Betreuungsrecht im BMJ),die angesichts der politischen Brisanz auf die massive Kritik auf den Gesetzentwurf zur Reform des Vergütungsrechts vom 16.09.2024 einging, erläutere Josef Wassermann sehr lebendig und anschaulich die Möglichkeiten des Werdenfelser Wegs zur Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen und sensibilisierte die Berufsbetreuer für ihre wichtige Aufgabe, als „Anwälte“ der betreuten Menschen freiheitsentziehende Maßnahmen in Pflegeinrichtungen zu erkennen und zu beanstanden, wenn diese ohne eine ausreichende Rechtsgrundlage faktisch durchgeführt werden.
Anschließend berichtete Dennis Herzog über seine Erfahrungen als Betreuungsrichter bei der Zusammenarbeit zwischen Juristen und Ärzten, wenn es um dieAnordnung von Zwangsmaßnahmen geht und richtete damit den Fokus stärker auf den Schutz betreuter Menschen vor gravierenden Selbstschädigungen.
Die Podiumsdiskussion wurde durch die Anwesenheit der Fachärztin für Psychiatrie Dr. Silvia Herzog bereichert, die über die praktischen Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit berichtete, die sich häufig aus der Eilbedürftigkeit einer Zwangsmaßnahme ergeben. Abgesehen davon stand im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofes die Frage im Mittelpunkt, ob und unter welchen Voraussetzungen Zwangsbehandlungen auch außerhalb stationärer Einrichtungen zulässig sein sollen (Anmerkung: Am 26.11.2024 hat das Bundesverfassungsgericht den Krankenhausvorbehalt inzwischen für verfassungswidrig erklärt.
Am Nachmittag ging es in den Vorträgen von Alysha Rexygel und Klaus Bobisch um einen Dauerbrenner, nämlich das Verhältnis von unterstützter Entscheidungsfindung und stellvertretendem Handeln. Während Alysha Rexygel wertvolle Tipps zur Anwendung der unterstützten Entscheidungsfindung im Berufsalltag gab, richtete Klaus Bobisch seinen Blick auf die Finanzierung der Assistenzleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe einerseits und der rechtlichen Betreuung andererseits. Wenn der Staat – so seine These – pro Person im Durchschnitt über 25.000,00 Euro für Assistenzleistungen ausgebe, sei nicht einzusehen, dass rechtliche Betreuer für ca. 2.000,00 Euro im Jahr diese Aufgabe teilweise im Rahmen der unterstützten Entscheidungsfindung übernehmen sollen.
Am zweiten Tag des TdfBB diskutierten die Teilnehmer über das Selbstverständnis der Berufsbetreuer. Zuvor hatten Walter Klitschka (1. Vorsitzender) und Jürgen Thar (Buchautor und rechtlicher Betreuer) die unternehmerische Seite des Berufs betont.
In beiden Vorträgen und in der Diskussion ging es neben Fragen rund um die Existenzgründung um die notwendige Abgrenzung von den Problemen der betreuten Menschen (Stichwort: Helfersyndrom). Stefanie Widmann, die für den BVfB den Service Coaching leitet, berichtete von den Problemen einiger Betreuer, ihre Aufgaben als rechtliche Betreuer zutreffend zu definieren und sich auf die Erledigung der übertragenen rechtlichen Angelegenheiten zu konzentrieren. Darüber hinaus wurde ein durchaus selbstkritischer Blick auf die Bewältigung schwieriger Aufgaben geworfen. Hierfür könne seitens der Verbände nicht alles durch vorbreitete Formulare geregelt werden. Letztlich liege es in der Verantwortung der Berufsbetreuer, eigenverantwortlich die Aufgaben für die betreute Person zu erledigen. Eine Delegation an die betreuten Menschen sei im Hinblick auf die Haftung und die Anlasserkrankungen grundsätzlich problematisch.