13. Tag des freien Berufsbetreuers
11.-12. November 2022
Reform 2023 - Theorie und Praxis
Auch auf dem 13. Tag der freien Berufsbetreuer stand die „Reform des Betreuungsrechts“ im Mittelpunkt; diesmal aber aus einem etwas anderen Blickwinkel:
Denn es geht darum, sich auf die anstehenden Herausforderungen vorzubereiten. Vom Berichtswesen bis zur Registrierung gelten zum einen ab dem 01.01.2023 neue rechtliche Rahmenbedingungen; zum anderen haben rechtliche Betreuer jedoch auch die mentalen Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus einer gestiegenen Erwartungshaltung an die Berufsausübung ergeben.
Zu Beginn der Veranstaltung stellte Annette Schnellenbach – Referatsleiterin im Bundesjustizministerium und zuständig für das Betreuungsrecht – den über 150 Teilnehmern an der Veranstaltung die vom Ministerium geplante Infokampagne vor, an der die Verbände beteiligt werden sollen. Dabei wurde einmal mehr deutlich, dass die Abschaffung der Vormundschaft auf dem Papier nicht ausreichen dürfte, um ein modernes Betreuungsrecht auch in der Gesellschaft zu verankern. Ziel der Kampagne sei es daher, auf sämtliche Akteure – wie zum Beispiel Banken, Krankenhäuser, Ärzte und Pflegeeinrichtungen – zuzugehen und über das neue Verständnis von rechtlicher Betreuung zu informieren.
Wie bereits in den vergangenen drei Jahren hatte danach die Wissenschaft das Wort. Zusammen mit seiner Kollegin - Prof. Marion Felder - stellte Prof. Bernd Ahrbeck am Beispiel der Beihilfe zum Suizid und der Genderdysphorie die Grenzen der Selbstbestimmung dar. Den Bogen zur rechtlichen Betreuung spannte Prof. Marion Felder, die einen kritischen Blick auf die radikale Auslegung der UN-Behindertenrechtskonvention durch den UN-Fachausschuss warf und damit eine Gegenposition in der Debatte über Selbstbestimmung bezog.
Der lebhaften Podiumsdiskussion - unter der gewohnt ruhigen, sachlichen und souveränen Leitung des Moderators Gerhard Schröder - folgten am Nachmittag Vorträge von
Dr. Phillip Kersting – Betreuungsrichter am Amtsgericht Elmshorn und maßgeblich beteiligt an der Neugestaltung des Vergütungsrechts im Jahr 2019 sowie einiger zentraler Vorschriften des Reformpaketes – und dem Geschäftsführer des BVfB, Klaus Bobisch, der vor einem übertriebenen Verständnis der sogenannten Wunschbefolgungspflicht warnte die nicht dazu führen dürfe, rechtlichen Betreuern zukünftig die Berufsausübung unnötig zu erschweren.
Zuvor hatte Dr. Phillip Kersting offen, transparent und klar die mit der Reform einhergehenden Pflichten für Berufsbetreuer zusammengefasst und die Bedeutung der Reform etwas relativiert. In gewisser Weise - so der Einstieg in seinen Vortrag - habe sich Alles, aber auch Nichts geändert. Zwar seien die Vorschriften im Gesetz vollständig neu geordnet und besser strukturiert worden; die Inhalte seien jedoch im Wesentlichen eine Umsetzung der bereits vor der Reform geltenden Rechtsprechung.
Abgerundet wurde der erste Tag mit der zweiten Podiumsdiskussion, in der Walter Klitschka – Vorsitzender des BVfB – einmal mehr anmahnte, Stellvertretung dürfe nicht per se als etwas Schlechtes angesehen und mit Bevormundung gleichgesetzt werden. Die differenzierte Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwischen Betreuten und Betreuern sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, dürfe aber - insoweit bestand Einigkeit in der Diskussionsrunde - nicht zu unkalkulierbaren Haftungsrisiken für Berufsbetreuer führen.
Am zweiten Tag stand die Registrierung rechtlicher Betreuer im Mittelpunkt.
In vier Kurzreferaten berichteten
Holger Marx aus Sicht der Betreuungsbehörden, über das sehr ausdifferenzierte Verfahren zur Registrierung von Berufsbetreuern
Walter Klitschka aus Sicht der Berufsbetreuer,
Andreas Möbius aus Sicht der Haftpflichtversicherer über die erforderliche Umstellung von Altverträgen zur Absicherung gegen Vermögensschäden,
Uwe Fillsack aus Sicht einer langjährig am Markt etablierten Fortbildungseinrichtung über den Inhalt der Sachkundelehrgänge,
Dabei konnten viele Detailfragen geklärt werden, die sich ab 2023 stellen werden.
In der abschließenden Diskussion wurde deutlich, dass der Gesetzgeber mit dem Registrierungsverfahren den Weg frei gemacht hat, für ein geregeltes Berufszulassungsverfahren. Dass unabhängig davon Fort- und Weiterbildung dringend notwendig ist, versteht sich von selbst.
Der BVfB bedankt bei allen Referenten, Mitwirkenden und Teilnehmern für den intensiven Erfahrungsaustausch und freut sich auf den nächsten Tag des freien Berufsbetreuers im Jahr 2023.
Referate aus dem Programm finden Sie hier:
Selbstbestimmung ohne Grenzen? Pädagogische und menschenrechtliche Überlegungen
Prof. Dr. Bernd Ahrbeck, Professor für Psychoanalytische Pädagogik an der International Psychoanalytic University Berlin
Prof. Dr. Marion Felder, Professorin an der Hochschule Koblenz im Fachbereich Sozialwissenschaften
Blauer Himmel oder dunkle Wolken am Horizont - Wie gelingt ab 2023 die Zusammenarbeit?
Dr. Phillip Kersting, Betreuungsrichter am Amtsgericht Elmshorn
Betreust du noch oder lebst du schon? - Wie man auch nach 2023 noch ein Privatleben als Berufsbetreuer:in haben kann
Klaus Bobisch - Geschäftsführer des BVfB
Kurzreferate zum Themenbereich: „Meine Registrierung als Berufsbetreuer*in
Leiter einer Betreuungsbehörde Holger Marx, LK Mainz-Bingen
Berufsbetreuer Walter Klitschka
Versicherungen Andreas Möbius, VGA GmbH
Weiterbilder zum SachKundeNachWeis Uwe Fillsack, BetreuerInnen-Weiterbildung