17.- 18. November 2023
Auf dem 14. Tag der freien Berufsbetreuer am 17. und 18. November standen die Themen Professionalisierung und Vergütung auf der Agenda.
Am Vormittag des ersten Tages mahnte Prof. Dr. Reiner Adler eine Professionalisierung der rechtlichen Betreuung an. Seit ihrer Einführung im Jahr 1992 trete man in punkto Professionalisierung auf der Stelle. Dieser Dornröschenschlaf müsse beendet werden, indem eine hochqualifizierte Gruppe von Berufsbetreuern mit Unterstützung der Verbände die Aufnahme des Berufs in den Katalog der freien Berufe durchsetze. In diesem Zusammenhang machte Prof. Adler deutlich, dass vor allem jüngeren Akademikern - wie zum Beispiel Diplomsozialarbeitern und Rechtsanwälten - eine Beaufsichtigung ihrer Tätigkeit durch Rechtspfleger nicht mehr vermittelbar sei. Entscheidend sei daher die Austragung dieses Konfliktes und nicht die Frage, von wem die Rechtliche Betreuung letztlich finanziert werde.
In der anschließenden Podiumsdiskussion ging es dann vorrangig um die Auswirkungen der Reform des Betreuungsrechts und spannte der Moderator der Veranstaltung - Dr. Holger Ließfeld - den Bogen von der Abgrenzung der rechtlichen Betreuung von den anderen Hilfen zur anstehenden Evaluation des Vergütungsrechts. Ulrich Wendte Referatsleiter im MSGIV-Brandenburg erinnerte an die schwierige Situation des Landes Brandenburg in punkto Beratung und Unterstützung und vertrat die Auffassung, dass rechtliche Betreuung auch Schutz bedeute, der durch andere Hilfen allein nicht immer sichergestellt werden könne. Wilfried Oellers – Rechtsanwalt und Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU/CSU) - verdeutlichte, dass inhaltlich keine Differenzen zwischen den im Bundestag vertretenen Fraktionen über die Bedeutung und Notwendigkeit einer angemessenen Vergütung für rechtliche Betreuer bestünden; eine Zustimmung im Bundesrat zum Gesetz zur Regelung einer Inflationsausgleichs-Sonderzahlung für selbständige Berufsbetreuer und Betreuungsvereine jedoch ungewiss sei. Am Nachmittag verabschiedete dann auch der Bundestag in Anschluss an eine ca. 30-minütige Aussprache einstimmig das Gesetz zur Regelung einer Inflationsausgleichs-Sonderzahlung. Komplettiert wurde das Podium durch Prof. Adler, Walter Klitschka und Doreen Schrötter, die jeweils aus Sicht der Wissenschaft bzw. Praxis einen kritischen Blick auf die Reform warfen.
Begleitet wurde die gesamte Veranstaltung von der Kampagne des BVfB – Rechtliche Betreuung – Kompetenz und Leidenschaft in einem Beruf (berufsbetreuer-werden.de), mit der der BVfB junge Hochschulabsolventen und Quereinsteiger informieren und für die selbständige Berufsausübung begeistern möchte.
Am Nachmittag konnten die Teilnehmer der Veranstaltung zwischen drei Seminaren wählen, die als 1 ½-stündige Fortbildungsveranstaltungen konzipiert waren. Dort standen die Themen Stellvertretung, Vermögensverwaltung, Wohnungsaufgabe und die Abgrenzung der rechtlichen Betreuung von anderen Hilfen im Mittelpunkt. In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde unter anderem deutlich, dass ein Verzicht auf stellvertretendes Handeln verantwortungslos sein kann und die vom Gesetzgeber gewollte Stellvertretung als ultima ratio in der Praxis zu gravierenden Schwierigkeiten führt. Walter Klitschka (1. Vorsitzender des BVfB) machte außerdem darauf aufmerksam, dass viele betreute Personen auf die Besprechung der Jahresberichte verunsichert und irritiert reagierten.
Am zweiten Tag standen die Vergütungssystematik und die Evaluation auf dem Prüfstand. Horst Deinert - bekannt als Fachbuchautor und Fortbildungsreferent - diplomierter Sozialarbeiter, Verwaltungswirt und Verwaltungswissenschaftler stelle die Entwicklung des Vergütungsrechts von der Pike auf dar, während Walter Klitschka anschließend die Mitgliederbefragung des BVfB vorstellte. Dabei wurde klar, dass die Sach- und Personalkosten selbständiger Berufsbetreuer erheblich nach oben von den in der KGSt-Studie zugrunde gelegten Werten abweichen.
In dem abschließenden Streitgespräch stellte Walter Klitschka das Vergütungssystem insgesamt infrage. Die Refinanzierung eines Arbeitsplatzes für einen „Vollzeitvereinsbetreuer“ spiegele die Praxis nicht wider, wenn über 80 % der Betreuer selbständig tätig seien. Außerdem hielt er die Orientierung der Vergütung an der Diagnose in den Betreuungsgutachten für diskutabel, da bestimmte Erkrankungen typischerweise mit erheblichem Mehraufwand verbunden seien. Demgegenüber hielt Horst Deinert entsprechende Forderungen politisch für schwer durchsetzbar und erinnerte an die tarifvertraglich unzureichende Vergütung, da die Eingruppierung der Berufsbetreuer angezweifelt werden könne. Einigkeit bestand in der anschließenden Diskussion darüber, dass eine Dynamisierung der Vergütung angestrebt werden sollte und nur hierdurch vermieden werden könne, dass das Thema Vergütung ständig auf der Tagesordnung stünde.