Eröffnung 10. Tag des freien Berufsbetreuers
Rechtliche Betreuung quo vadis? - Zwischen Selbstbestimmung und Fürsorge
Im Jubiläumsjahr moderierte der Journalist Herr Gerhard Schröder gekonnt, kritisch und gelassen den Tag des freien Berufsbetreuers, der am 15. und 16. November unter dem Motto „Quo vadis rechtliche Betreuung? - Zwischen Selbstbestimmung und Fürsorge“ an gewohnter Stelle im Bildungszentrum Erkner stattfand.
Grußwort - Überblick zum Diskussionsprozess des BMJV "Selbstbestimmung und Qualität im Betreuungsrecht"
Frau Annette Schnellenbach - Referatsleiterin im BMJV - gab einen informativen Überblick über den Stand des Diskussionsprozesses in den 4 Facharbeitsgruppen zum Betreuungsrecht. Ob der Gesetzgeber - neben den persönlichen - auch fachliche Voraussetzungen für die Berufsausübung regeln wird, blieb noch offen. Es wäre allen Beteiligten zu wünschen. Natürlich könne es nicht sein - so Frau Schnellenbach - dass eine nicht geeignete Person zum rechtlichen Betreuer bestellt werde.
Annette Schnellenbach: Grußwort Überblick zum Diskussionsprozess des BMJV "Selbstbestimmung und Qualität im Betreuungsrecht"
Rechtliche Betreuung zwischen Selbstbestimmung und Fürsorge
Perspektiven aus der Reformdiskussion
Für den wissenschaftlichen Input sorgte Herr Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Lipp, der die Fundamentalkritik am Deutschen Betreuungsrecht zwar zurückwies, aber an die hohen verfassungs- und völkerrechtlichen Maßstäbe erinnerte, die im Betreuungswesen zu beachten sind. Rechtliche Betreuung könne immer nur Mittel zum Zweck sein, wenn es um den Erwachsenenschutz insgesamt gehe. Dies präzisierte er unter anderem anhand der Wohlschranke, die im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Personen eng auszulegen sei. In diesem Zusammenhang ginge es nicht um wirtschaftliche Vernunft. Die Präferenzen, der Willen und die Wünsche der betreuten Person stünden im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Betreuers.
Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Lipp: Rechtliche Betreuung zwischen Selbstbestimmung und Fürsorge - Perspektiven aus der Reformdiskussion
Ungenaue Aufgabenkreise - Haftungsrisiko für die Einen - Grundrechtseingriff für die anderen
Mit hohem Unterhaltungswert berichtete Herr Horst Deinert über Aufgabenkreise und Haftungsfragen und schöpfte dabei aus seinem großen Erfahrungsschatz. Er ermunterte Berufsbetreuer, ihre Rechte häufiger vor den Gerichten einzuklagen und sprach in diesem Zusammenhang davon, dass es durchaus im Einzelfall zu erniedrigenden Situationen bei der Berufsausübung kommen könne, die man nicht einfach hinnehmen solle.
Horst Deinert: Ungenaue Aufgabenkreise - Haftungsrisiko für den Einen - Grundrechtseingriff für den Anderen
Podiumsdiskussion 15.11.2019
Teilnehmer - v.r. Horst Deinert, Prof.Dr. Volker Lipp, Annette Schnellenbach, Klaus Bobisch, Walter Klitschka
Moderation - Gerhard Schröder 3.v.l.
Rechtsaufsicht als Schutz des Betreuten vor Irrtum und Missbrauch
Mit viel Sachverstand, Lebenserfahrung und Besonnenheit widmete sich Herr Uwe Harm dem konfliktträchtigen Thema Rechtsaufsicht und erinnerte unter anderem daran, dass diese im Interesse der betreuten Menschen stattfänden und zunächst einmal mit der Beratung beginne. Einen Anfangsbericht nach 3 Monaten hielt er aus Sicht der Rechtspfleger für äußerst sinnvoll. Er könne die Grundlage für die spätere Aufsicht und die Prüfung der Jahresberichte sein.
Uwe Harm: Rechtsaufsicht als Schutz
Rechtsaufsicht als Hindernis bei der Berufsausübung?
Klaus Bobisch - Geschäftsführer des BVfB - ging die Thematik Rechtsaufsicht etwas temperamentvoller an.
Er verwies auf das Dilemma, dass eine Rechtsaufsicht, die nicht objektiv erfolge und sich an Wunsch und Wille der betreuten Menschen orientiere, in den meisten Fällen eine Anhörung des Betreuten oder des Betreuers erfordere. Anhand eines Beispiels machte er deutlich, dass sich die Rechtsaufsicht in der Praxis in der Regel auf das Betreuungsrecht beschränke. Schwierige Rechtsfragen aus dem Sozial-, Immobilien- oder Erbrecht seien Rechtspflegern häufig nicht geläufig.
Klaus Bobisch: Rechtsaufsicht als Hindernis bei der Berufsausübung?
Im anschließenden Plenum hatten die Teilnehmer die Möglichkeit zu den beiden vorangegangenen Vorträgen Fragen zu stellen und zu diskutieren.
Teilnehmer: v.r. Klaus Bobisch, Gerhard Schröder, Uwe Harm, Walter Klitschka
Eröffnung 10. Tag des freien Berufsbetreuers 16.11.2019
Neue Herausforderungen durch das BTHG im Innen-und Außenverhältnis
Herr Walter Klitschka - 1. Vorsitzender des BVfB - eröffnete mit seinem Vortrag den zweiten Tag.
Er stellte anhand des Bundesteilhabegesetzes das Spannungsverhältnis zwischen Fürsorge und Selbstbestimmung dar und äußerte die Befürchtung, dass die praktische Umsetzung des Gesetzes nicht zu mehr Selbstbestimmung führen werde. Zum einen sei mit einer Zunahme beruflicher Betreuungen zu rechnen, da sich ehrenamtliche Betreuer zurückzögen, zum anderen seien Tendenzen zu beobachten, dass Einrichtungen der Eingliederungshilfe existenzsichernde Leistungen auch in Zukunft selbst verwalten wollten.
Walter Klitschka: Neue Herausforderungen durch das BTHG in Innen-und Außenverhältnis
Die Auswirkungen des BTHG für die tägliche Arbeit rechtlicher Betreuer
Für die praktische Arbeit am Wichtigsten war wohl der engagierte Vortrag von Herrn Rechtsanwalt Dr. Peter Krause, der mit viel Sachverstand und Elan über die praktischen Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes auf die tägliche Arbeit von Berufsbetreuern berichtete. Kein Wunder, dass ihm anschließend „Löcher in den Bauch“ gefragt wurden. Wäre sein Rückflug nicht schon gebucht gewesen; er würde wohl heute noch in Erkner den Teilnehmern Rede und Antwort stehen. Für den Tag des freien Berufsbetreuers war auch er ein großer Gewinn.
Dr. Peter Krause: Die Auswirkungen des BTHG für die tägliche Arbeit rechtlicher Betreuer
Podiumsdiskussion 16.11.2019
Teilnehmer: v.l. Walter Klitschka, Verena Lehmann, Thomas Schirmer, Klaus Bobisch
Moderation: Gerhard Schröder