Starke Signale vom „Hessenkongress“ zur Rechtlichen Betreuung in Frankfurt a.M.
- Selbstbestimmung darf den Fürsorgegedanken nicht verdrängen -
Frankfurt am Main, 29. März 2019
Am 28. und 29. März fand in der Frankfurt University of Applied Sciences der vom Netzwerk rechtliche Betreuung Hessen initiierte Kongress „Rechtliche Betreuung - Auf dem Weg zu neuer Qualität und Anerkennung“ statt, der unter anderem von den beiden Berufsverbänden, dem Hessischen Ministerien der Justiz, dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, dem Betreuungsgerichtstag e.V. und den kommunalen Spitzenverbänden unterstützt wurde.
Über 400 Teilnehmer trafen sich bei der zweitägigen Veranstaltung, um über die drängenden Fragen zu diskutieren, die zumindest teilweise im Zuge des vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz angestoßenen Reformprozesses noch in dieser Legislaturperiode beantwortet werden sollen. Dass dieses Thema die Politik voraussichtlich auch über den Reformprozess hinaus beschäftigen wird, deutete auch Staatssekretär Thomas Metz in seinem Grußwort an, in dem er die Position vertrat:
„Die Zahl der Betreuungen nimmt zu.“
Einigkeit bestand unter den Teilnehmern darüber, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung der Betreuervergütung nur ein erster Schritt sein kann, um die Defizite im Betreuungswesen zu verringern. Sowohl die dünne Personaldecke in der Justiz als auch die unzureichende Zeit, die rechtliche Betreuer für die Betroffenen aufwenden können, sind gravierende Hemmnisse, an der jede - noch so gut gemeinte - Reform bei Ihrer Umsetzung scheitern kann. Besonders eindringlich wurde in diesem Zusammenhang der Vorsitzende des Betreuungsgerichtstages e.V. - Peter Winterstein - der seinen Vortrag „Rechtliche Betreuung sichert Menschenrechte“ mit der Feststellung schloss:
„Die Welt lebt davon, dass Sie mehr tun als ihre Pflicht.“
In der abschließenden Podiumsdiskussion wurde außerdem einmal mehr deutlich, wie wichtig u.a. eine gesetzliche Regelung der Berufszulassung für rechtliche Betreuer ist, um das Berufsbild zu schärfen.
Der Reformprozess beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz findet unter der Überschrift “Selbstbestimmung und Qualität im Betreuungsrecht“ statt. In vier Arbeitsgruppen, dem Plenum und Workshops wird noch voraussichtlich bis Ende 2019 über die erforderlichen gesetzlichen Änderungen im Betreuungsrecht diskutiert.
Wie bereits auf dem vom Bundesverband freier Berufsbetreuer veranstalteten Tag des freien Berufsbetreuers ging von dem Kongress in Frankfurt erneut ein starkes Signal aus. In Ihren Vorträgen warnten der Philosoph Franz Josef Wetz und der Theologe Marco Bonacker davor, rechtliche Betreuung einseitig unter dem Blickwinkel des Selbstbestimmungsrechts zu betrachten. Vor lauter Selbstbestimmung dürfe der Fürsorgegedanke nicht auf der Strecke bleiben. Franz Josef Wetz sprach in diesem Zusammenhang sogar von der
„Selbstlüge der Inklusion.“
Erforderlich sei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den beiden grundlegend verschiedenen Prinzipien. Ob diese Botschaft in der Politik bereits angekommen ist, erscheint jedoch zweifelhaft.
Ansprechpartner:
Servicegeschäftsstelle des Bundesverbandes freier Berufsbetreuer - Frau Ilona Schilensky - 01802-001896 -
Der Bundesverband freier Berufsbetreuer vertritt die Interessen der selbständig tätigen Berufsbetreuer. Dabei handelt es sich um ca. 81,3 % aller Berufsbetreuer und ca. 13.100 Berufsträger.