"Zwangsbehandlung in den eigenen vier Wänden muss möglich sein!"
Berlin, den 24.04.2024
Der Betreuungsgerichtstag (BGT) kritisiert in seinem Positionspapier vom 16. April 2024 den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofes vom 08.11.2023 und vertritt die Auffassung, dass eine Zwangsbehandlung auch in Zukunft unzulässig sein soll, wenn sie nicht in einem stationären Krankenhaus stattfindet. Der Bundegerichtshof hatte dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob es mit der Schutzpflicht des Staates unvereinbar ist, dass die Einwilligung rechtlicher Betreuer in eine Zwangsbehandlung die Durchführung der Maßnahme in einem Krankenhaus auch dann voraussetzt, wenn aus medizinischer Sicht die Behandlung gleichermaßen in der Einrichtung durchgeführt werden kann, in der die betroffene Person lebt und mit der Verbringung der Person in das Krankenhaus gesundheitliche Beeinträchtigungen verbunden sind. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.
„Ich halte die starre Position des BGT für falsch. Wenn die strengen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung vorliegen, muss hinsichtlich des Ortes und der Intensität der Behandlung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelten. Deshalb brauchen wir dringend eine flexiblere Regelung, die es in bestimmten Fällen ermöglicht, die Behandlung dort vorzunehmen, wo sie am schonendsten stattfinden kann.“ äußerte sich der 1. Vorsitzende des BVfB Walter Klitschka zu dem Positionspapier.
Im konkreten Fall ging es um eine Frau, die an einer paranoiden Schizophrenie leidet und mehrfach in ein Krankenhaus transportiert werden musste, wo die Behandlung teilweise nur mittels einer Fixierung durchgeführt werden konnte. Ihr Betreuer hatte die Durchführung der Zwangsbehandlung auf der Station des von ihr bewohnten Hauses beantragt, da er konkrete Anhaltspunkte für eine Retraumatisierung der Betreuten für den Fall anführen konnte, dass sie erneut in ein Krankenhaus verbracht werden muss.
„Ich verstehe nicht, warum es einigen offenbar nur darum geht, Zwangsbehandlungen im Grunde unmöglich zu machen. Die Auffassung des BGT lässt den verfassungsrechtlich verbürgten Schutzauftrag außer Acht und bleibt die Antwort auf die Frage schuldig, warum eine Zwangsbehandlung nicht in den eigenen vier Wänden stattfinden können soll, wenn dies für die betreute Person mit weniger gravierenden Folgen verbunden ist“ schloss Walter Klitschka sein Statement zu dem Positionspapier des BGT.