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Bewerbung als Berufsbetreuer im Amtsgericht Dresden
Bewerbung als Berufsbetreuer im Amtsgericht Dresden
(auf Grundlage der Empfehlung der Landesarbeitsgemeinschaft für Betreuungsangelegenheiten im Freistaat Sachsen)
1. Vorbemerkung
Die Ansprüche an die Qualität der Betreuung sind im Wesentlichen in §§ 1896, 1897, 1901 und 1908 b BGB geregelt. Daraus ergibt sich, dass die Betreuer geeignet sein müssen, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen und ihn hierbei im erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen. Die Betreuer haben die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, dass sie dessen Wohl entsprechen. Dazu gehört auch die Möglichkeit des Betreuten, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Weiterhin ist es Aufgabe des Betreuers, alle Möglichkeiten zu nutzen, die Krankheit und Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhindern oder ihre Folgen zu mindern.
Eine rechtliche Betreuung setzt voraus, dass die Betreuer Verständnis und Fachwissen bezüglich der Erkrankung bzw. Behinderung ihrer Betreuten besitzen.
Gemäß § 1897 Abs. 6 BGB gilt der Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung vor einer berufsmäßig geführten Betreuung. Dieser Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung vor der Berufsbetreuung kann aber nicht ausnahmslos gelten. Sind besondere berufliche Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen für die Führung der Betreuung erforderlich, soll ein Berufsbetreuer eingesetzt werden.
2. Kriterien für die Bestellung eines Berufsbetreuers
ln Frage kommen kann die Bestellung eines Berufsbetreuers bei:
- psychischen Erkrankungen,
- gerontopsychiatrischen Erkrankungen,
- schwierigen medizinischen Fragestellungen,
- schwierigem Umfeld,
- ständiger Verschiebung der Problembereiche,
- unklarer Betreuungsprognose,
- Neigung zur Gewalt,
- komplexer Vermögensverwaltung
- Interessenkollisionen
- umfassenden Aufgabenkreisen
3. Tätigkeitsprofil eines Berufsbetreuers
- selbständige, verantwortungsbewusste persönliche Betreuung und rechtliche Vertretung der Betreuten im Rahmen der vom zuständigen Amtsgericht festgelegten Aufgabenkreise
- Sicherung eines regelmäßigen Kontaktes zum Betreuten und der notwendigen Interaktion mit dessen persönlichen und sozialen Umfeld
- Förderung der Eigenständigkeit, der Entscheidungskompetenz der Betreuten und Entwicklung von Bewältigungsstrategien in Konfliktsituationen mit dem Ziel der Eingrenzung bzw. Aufhebung der Betreuung
- Verwaltungsmäßige Erfassung und Führung der Betreuungen, Rechnungslegung, Schlussrechnung und Berichterstattung
4. Voraussetzungen
4.1 Fachliche Voraussetzungen
Der zukünftige Berufsbetreuer sollte über einen Beruf, der nutzbare Kenntnisse zur Führung einer Betreuung vermittelt, verfügen. Nutzbare Kenntnisse für den Berufsbetreuer werden dabei insbesondere bei Angehörigen folgender Berufsgruppen als gegeben vorausgesetzt:
- Sozialarbeiter/Sozialpädagogen
- Psychologen
- Juristen
- medizinisches Fachpersonal
- Verwaltungsfachkräfte
- Betriebswirte
In diesen vorgenannten Berufsgruppen sollte eine Fachhochschul- oder eine Hochschulausbildung nachgewiesen werden.
Weiterhin sollten Erfahrungen in ehrenamtlicher Betreuungstätigkeit von mindestens einem Jahr und während dieser Zeit im Betreuungsrecht erworbene Kenntnisse nachgewiesen werden, die zur Übernahme von beruflichen Betreuungen qualifizieren.
Weitere erforderliche Kenntnisse:
- Kenntnisse der einschlägigen Rechtsgebiete insbesondere des BGB, FamFG, BtG
- Sozialrecht (SGB II, III, IV, V, VI, IX, XI, und XII)
- Verwaltungsverfahrensrecht (SGB X, VwVfG)
- Pädagogik, Psychologie, Psychiatrie
- Fähigkeiten zur komplexen und strukturierten Beurteilung auch schwieriger Rechtsfragen
- Kenntnisse der psychosozialen, sozialen und medizinischen Problemlagen in den Betreuungsangelegenheiten einschließlich Erfahrungen in der Krisenintervention
4.2 Persönliche Voraussetzungen
- Kenntnisse im Umgang mit Menschen mit Behinderungen und psychisch kranken Menschen
- Verhandlungsgeschick und -erfahrung, Durchsetzungsfähigkeit
- Erfahrung im Umgang mit Behörden
- Bereitschaft zur Fortbildung
- Kommunikative Fähigkeiten (Einfühlungsvermögen, Offenheit im Gespräch mit den Betreuten, Distanzierungsfähigkeit)
- Soziale Kompetenz (Kontaktfähigkeit, Beziehungsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Problemlösungsbewusstsein, Verständnis)
- Kenntnisse über das bestehende Hilfesystem der Stadt und Bereitschaft zur Vernetzung mit diesem
- Lebenserfahrung
- Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit
- Hohe psychische und physische Belastbarkeit
- Verantwortungsbewusstsein
- Organisationsgeschick
4.3 Organisatorische Voraussetzungen
- kurzfristige Erreichbarkeit (Telefon, Fax, Mail, Adresse - kein Postfach)
- Haftpflicht gegen Personen-, Sach- und Vermögensschäden im Umfang von § 118 VVG
4.4 Formelle Bewerbung
- ausführliches Bewerbungsschreiben
- tabellarischer Lebenslauf
- polizeiliches Führungszeugnis
- Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis (Antrag beim zuständigen Amtsgericht)
- Nachweise Studium / Berufsausbildung / sonstige Zeugnisse
4.5 Vergütung
Die Vergütung eines Betreuers richtet sich nach §§ 4 und 5 VBVG.
5. Sonstiges
Die Feststellung, ob jemand als Berufsbetreuer vorgeschlagen und bestellt wird, treffen das Betreuungsgericht gemeinsam mit der Betreuungsbehörde nach einem gemeinsam mit dem Bewerber geführten Gespräch. Nach einem Zeitraum von 6 Monaten, in dem 3-5 Berufsbetreuungen übertragen werden, erfolgt eine abschließende Entscheidung darüber, ob dem Betreuer auch künftig Berufsbetreuungen übertragen werden können. Aus Gründen der Qualitätssicherung wird die Mitgliedschaft in einem der Berufsverbände für Berufsbetreuer empfohlen.
Herabstufungen in Sachsen: Landesjustizminister ruft nach dem Bund
Herabstufungen in Sachsen: Landesjustizminister ruft nach dem Bund
Martens: BGH-Rechtsprechung musste angewandt werden
Die Betreuungsgerichte des Freistaates Sachsen seien an die BGH-Entscheidung XII ZB 230/11 vom 8.12.2012 gebunden gewesen, bei einer späteren Vergütungsgewährung eine niedrigere Vergütungsstufe festzustellen, wenn die Ausbildung des Berufsbetreuers anders beurteilt werde. Damit rechtfertigte Sachsens Justizminister Jürgen Martens die existenzvernichtende Herabstufungspraxis in Sachsen (von Stufe III auf Stufe I), der dort bereits mehr als 70 Berufsbetreuer zum Opfer gefallen sind.
Dabei verschwieg Martens, dass er 2010 den sächsischen Bezirksrevisoren die Weisung erteilen ließ, bei allen Berufsbetreuern die verwertbaren Ausbildungen zu prüfen, um möglichst hohe Vergütungszahlungen einsparen zu können.
Nach Martens´ Darstellung hätten die Berufsbetreuer, deren Ausbildungen später anders beurteilt wurden und die dadurch 39 % ihrer Umsätze verloren, eben Pech gehabt. Die geänderte Anwendung sei im Einzelfall sicher bitter, so Martens, aber die Anpassungsphase könne überwunden werden. Inwieweit der hierfür zuständige Bundesgesetzgeber für die Zukunft durch die Einführung von verbindlichen Einstufungsentscheidungen Rückstufungsrisiken vermeiden helfe, bleibe abzuwarten, erklärte Martens.
In einer Podiumsdiskussion des BdB hatte der betreuungspolitischen Sprecher von SPD, CDU und Grünen hatte Mathias Bartke (SPD) lediglich in Aussicht gestellt, die Möglichkeit der Rückforderung überzahlter Vergütungen von rückwirkend herabgestuften Berufsbetreuern abzuschaffen.
Martens´ Staatssekretär Wilfried Bernhardt hatte die Forderung des Bundesverbandes freier Berufsbetreuer zurückgewiesen, für die herabgestuften Berufsbetreuer landesgesetzlich eine neue Nachqualifizierungsmöglichkeit zu eröffnen.
Immer älter, öfter bedürftiger: Zahl der gesetzlichen Betreuungsfälle in Sachsen wächst weiter
Immer älter, öfter bedürftiger: Zahl der gesetzlichen Betreuungsfälle in Sachsen wächst weiter
Das Anwachsen der immer älteren Bevölkerung in Sachsen hat ganz unterschiedliche Folgen für das Gemeinwesen. Auch finanzielle, die der Gesetzgeber berücksichtigen muss, auch wenn er wie wild mit der Kürzungsschere klappert. Der sozialpolitische Sprecher der Linken, Dietmar Pellmann, hat die Staatsregierung mal wieder nach den Betreuungsfällen im Freistaat gefragt.
Bei den zu Betreuenden handelt es sich überwiegend um ältere Menschen, die selbst nicht mehr in der Lage sind, ihr Leben völlig selbstbestimmt zu gestalten. Wenn die Altersgruppe der immer Älteren wächst, nimmt auch die Zahl dieser Fälle logischerweise zu. Der Prozess verweist auf den längst in Gang befindlichen demografischen Wandel, der in Sachsen früher als in den anderen Bundesländern eingesetzt hat. Der Anstieg der Kosten verweist zudem auf fortschreitende Altersarmut, meint Pellmann.
Im Grunde fragt er die Zahlen im Jahresrhythmus ab. Und da er die Zahlen sammelt, kann er den Trend sichtbar machen. Auf die jüngste Anfrage „Gesetzliche Betreuung in Sachsen 2011“ (Landtags-Drucksache 5/8405) hat ihm nun Justizminister Dr. Jürgen Martens geantwortet.
Die Antwort bestätigt Pellmanns Analyse, dass die Zahl der bei den sächsischen Betreuungsgerichten anhängigen Fälle in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Waren es Ende 2007 noch etwas mehr als 69.000 Betroffene, so Ende 2011 bereits 75.500. Da viele die anfallenden Betreuungskosten nicht aus eigenem Vermögen aufbringen können, stiegen zugleich die Kosten, die aus dem Haushalt des Freistaates Sachsen zu tragen waren. Beliefen sich diese 2007 auf 37,2 Millionen Euro, so lagen sie 2011 bereits bei 46,5 Millionen Euro.
Ralf Julke
26.03.2012